Vielleichtin Amerika, sicher nicht im Saas

Jetzt sind sie wieder da. Überall. Und sehr laut. Die meistlustigen Narren. Lärmorgien, Konfettiregen, Rollentausch, Masken, Verkleidungund meist viel Alkohol. Das bunte Maskentreiben ist im Oberwallis für viele dieallerschönste, weil tabulose und zügellose Jahreszeit. Für Fasnächtler findetdie Fasnacht nicht bloss statt, sie bricht aus. Die gewohnte Ordnung wirdausser Kraft gesetzt. Es regiert der Wahnsinn. Grundsätzlich ist die Fasnacht sogarein christliches Fest, eng verbunden mit der darauf folgenden christlichenFastenzeit. Alles ist erlaubt, was in der Fastenzeit verboten ist: Fleisch,Fett, Süsses, Alkohol und auch Sex. So gesehen kann man den Fasnachtsbrauch vorallem als Ventil von der entbehrungsreichen Fastenzeit interpretieren.

Im Oberwallis wird die Fasnacht so richtig mit denFasnachtszeitungen eingeläutet. Hier werden die Dinge beim Namen genannt:Humorvoll, meist überspitzt, bunt, schrill, kritisch, kontrovers, extremsarkastisch und überdreht. Sowas liebt man. Und lässt sich gut verkaufen.Political Correctness geht anders.

In den letzten Jahren sind die Zeitungen spürbar zahmergeworden. Zu gross offenbar die Angst vor juristischen Diskussionen. Dennzwischen gelungen und daneben ist ein allzu schmaler Grat. Umso mehr erstauntdie diesjährige Visper «Falz». Das meiste eher belanglos und unproblematisch,verharrt man auf der «Saaser-Seite» länger und bleibt mit offenem Mund undKopfschütteln zurück.

Grundsätzlich ist viel erlaubt. Humorvolle, freche undangriffige Kritik aus dem Narrenmund an mehr oder weniger prominenteZeitgenossen sind integraler und willkommener Bestandteil der Fasnacht. Meistwird also nach ‚oben‘ getreten. ‚Oben‘ ist dort wo sich die Macht befindet, wo Entscheidefallen, nicht immer zum Wohlwollen aller. Nach ‚unten‘ treten ist hingegenverwerflich. So gehören verletzende Attacken auf Wehrlose, blosses Blossstellenund derbes Auslachen von Minderheiten definitiv nicht in eine Fasnachtszeitung.Lachen auf Kosten anderer hat ein fahler Nachgeschmack. So gesehen ist die«Saaser» Seite in der «Falz» schon erstaunlich. Dass sich ein SaaserGemeindepräsident oder ein Saaser Bauunternehmer und Vize-Gemeinderat als‚Obrigkeit‘ so einiges gefallen lassen muss, ist in der Deftigkeit zwar sehrfragwürdig und kann man durchaus kontrovers diskutieren; jedoch sind beideletztlich Personen des öffentlichen Interesses. Sowas muss man aushalten. Dennoch- so meine ich - dürfen auch diese Personen nicht niveaulos und plump beleidigtwerden. Bei einigen Beiträgen ist das Niveau ziemlich fragwürdig. Dass aber aucheine engste Angehörige eben einer dieser Personen ins Zentrum des Spotsversetzt wird, ist mehr als verwerflich. Leute einfach an den Pranger zustellen, ist weit weg von guter Satire. Diese Person steht auch als «firstLady» nicht im öffentlichen Fokus. Wirklich nicht. Oder um mit demfasnächtlichen «Falz»-Vergleich zu bleiben: Vielleicht in Amerika, aber sichernicht im Saas.

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