Die Jahresprüfungen im Wallis sind im schweizweiten Vergleichein alter, kaum zeitgemässer Zopf. 20 Kantone kennen heute keineJahresprüfungen am Ende der obligatorischen Schulzeit mehr. Angesichts derdurch die Corona-Krise vorherrschende psychische Druck bei unseren Jugendlichenhätte die Dienststelle für Unterrichtswesen nachdem die Semesternoten gekipptworden sind, nun auch die Jahresprüfungen absagen müssen. Zum Wohle unsererJugendlichen. Leider hat die Dienststelle anders entschieden. Schade.

 

Corona ist allgegenwärtig. Anfänglich lag der Fokus bei dervulnerablen Bevölkerung, ihr galten zu Recht die volle Aufmerksamkeit, dergesellschaftliche Schutz und vor allem die weitverbreitete Solidarität allerBevölkerungsgruppen. Ein Jahr später. Immer noch Corona und wegen derbritischen Variante gefährlicher und ansteckender als je davor. Bereits imNovember letzten Jahres hat die Nationale Akademie der WissenschaftenLeopoldina erklärt, dass Schülerinnen und Schüler ein wesentlicher Teil desInfektionsgeschehens sind. Ein Trend den nun verschiedene Studien, u.a. auchder Universität Wien, bestätigen. Im Vergleich lagen die Inzidenzen der unter15jährigen in der ersten und zweiten Welle klar unter dem Schnitt derGesamtbevölkerung. In der aktuellen dritten Welle ist dies anders. DieInzidenzen haben sich dem Bevölkerungsdurchschnitt angeglichen. Klar ist dieseZunahme auch «künstlich» erzeugt, weil eben nun auch ganze Schulen wie in St.Niklaus oder jüngst auch in Naters durchgetestet werden. In Naters musstendaraufhin wegen 63 positiven Fällen 17 Klassen in Quarantäne.

 

Verzweifelte und vergessene Jugend

An Ostern gab es an mehreren Orten in der Schweiz teilweiseheftige Ausschreitungen Jugendlicher. Und die Öffentlichkeit zeigt sichverwundert. Während den letzten Monaten wurden die Jugendlichen in dieserCorona-Krise schlichtweg vergessen. Die Gesellschaft stahl ihnen ein JahrLebenszeit und pocht dennoch ständig auf ihre Solidität. Die «NZZ am Sonntag»hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, wonach im Vergleich zum Vorjahrdoppelt so viele Suizidversuche bei Jugendlichen registriert worden sind. DiePandemie setzt den jungen Menschen zu. Nicht nur wegen der allgegenwärtigenPandemie selbst, sondern vor allem auch wegen den verordneten Massnahmen mitihren grossen Einschränkungen, der sozialen Isolation und dem stetenLeistungsdruck, verbunden mit grossen Zukunftsängsten. Und wenn dann noch dergesellschaftliche und schulische Leistungsdruck hinzukommt, ist es für vielejunge Seelen einfach zu viel.

 

Leistungsschere klafft immer weiter auseinander

Wir befinden uns in einer unfassbar veränderten Welt. Vieles istnicht mehr so wie es war. Der «Corona-Gap» existiert. Die Leistungsschereklafft immer weiter auseinander. Nicht nur wegen Corona. Aber vor allem auchbegünstigt durch Schulschliessungen, Quarantäne-Anordnungen und vermehrte Covid-Positive-Fälle.Der «Corona-Gap» macht aus unseren Schülern die eigentlichen (Bildungs-)Verlierer des Virus.

Dies hat die kantonale Dienststelle für Unterrichtswesen erkanntund Anfang Dezember 2020 entschieden, dass im laufenden Schuljahr die Semesternotenwegfallen und alle Noten als Jahresnote gleichmässig erfasst werden. Eshandelte sich hierbei um eine Massnahme, «mit der das Departement am Endedieses besonderen Semesters Druck von Schülerinnen und Schüler, Eltern undLehrpersonen wegnehmen, gleichzeitig aber das Niveau der Anforderungenaufrechterhalten will», hiess es damals aus dem Departement Darbellay.

 

 

Jahresprüfungen erzeugen Druck

Angesichts dessen, dass inzwischen der psychische Druck beiJugendlichen merklich zugenommen hat, die Suizidversuchsrate dramatisch anstiegund die Jugendlichen sich sozial völlig isoliert und vergessen fühlen, hättenun kantonal ein weiterer Schritt ergriffen werden müssen: Weg mit denJahresprüfungen. Jahresprüfungen, die noch mehr Druck ausüben, sind in dergegenwärtigen Situation kaum zielführend. Hinzu kommt, dass die kantonalenJahresprüfungen am Ende der obligatorischen Schulzeit im schweizweitenVergleich ein alter Zopf sind. Die zuletzt verfügbare Statistik aus demSchuljahr 2014/2015 zeigt, dass einzig die Kantone Waadt, Freiburg, Solothurn,Aargau, Nidwalden und Wallis Abschlussprüfungen in einzelnen oder allenSchultypen kennen. In allen anderen Kantonen gibt es keine Jahresprüfungen. Leiderwurde anders entschieden. Schade. Ein Zeichen wärs wert gewesen.

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