Chinesisches Huhnoder Walliser Ei

 

Kaum scheint die erstevorbei, droht man uns schon mit der zweiten. Scheiss-Welle. Die dann vielschlimmer sein soll. Die unser Leben vollends versaut. Alles kaputtmacht. Dasbisschen Nachdenken, Hinterfragen und Innehalten im milden Lockdown ist imGleichschnitt zu den Lockerungen vorbei. Alles vergessen. Nichts verändern. Schonwieder hört man an irgendwelchen Stammtischen irgendwelche Dorfprofetenproleten: «Die Chinesen sind schuld» oder «wir sollten die Grenzen wieder dichtmachen, genauso wie früher». Früher war eh alles besser. Überschaubarer. Chinaals allesverschlingendes Wirtschaftsmonster, chinesische Investoren, die mitStaatshilfe Schweizer Generationsunternehmen einkaufen? Sind wir mitten ineiner dieser doofen und stets unüberlegt kolportieren Verschwörung?

 

Sind wir doch malehrlich zu uns selbst: Geiz ist geil. XXL Packungen für XXS Preise. Scheissdrauf, ob ich schon 10 Packungen Klopapiere Zuhause habe, jetzt muss manzuschlagen. Man weiss ja nie. Schnäppchenjäger und Sparfüchse gab es schonimmer. Schon zu Grossmutters Zeiten mit Bons in Wochenzeitungen. Doch das Ausmassist heute weitaus grösser, dekadenter, unökologischer. Wie kann eine Weltfunktionieren, in der man billiger von Zürich nach Barcelona fliegt, als mitdem Zug von Brig nach Sitten? Indem man aus China mit Gratis-Porto einen Adapterbestellt, den man – zugegeben teurer – auch bei uns bekommt?

 

Vielleicht ist unserewestliche Zeit abgelaufen. Kulturen wurden auch in der Geschichte immer schonmächtig, gross, unübersichtlich, ehe sie untergingen und verschwanden. Meistaus Gier oder Hochmut. Der Westen hat aus Gier die chinesische Macht erstaufgebaut. Der

Westen quasi alsKolonie Chinas. Abhängig von Medikamenten, Masken, irgendwelchen Gerätschaften,deren Produktion wir eben aus Gier und Geiz ausgelagert haben. Wir debattierenmit den Chinesen über Menschenrechte. Die Chinesen lachen sich eins. Nichtoffensichtlich, aber hinter vorgehaltener Hand. Weil sie uns kennen. UnsereGier und Abhängigkeit. Wir sind für sie schon längst kein Partner auf Augenhöhemehr. Und das Gefälle wird weiter zunehmen. «One Belt – One Road», das so schönamerikanisch daherkommt, ist ein chinesisches monströses Giga-Projekt mit einemnördlichen eher unwichtigen Landweg und einem südlichen sehr viel wichtigerenSeeweg. Dereinst sollen diese interkontinentale Handels- und Infrastrukturnetzedie Volksrepublik China mit über 60 Ländern Afrikas, Asiens und Europasverbinden. Das Gesamtprojekt betrifft dann rund 60 % der Bevölkerung und 35 %der Weltwirtschaft. Naiv, wer glaubt der Einfluss und die Abhängigkeit Chinaswird dann nicht noch grösser.

 

Ja. Der wohltuendeStillstand der Welt ist erst mal vorbei. Und wohl auch bald vergessen. Wenn wiraus der Coronastille wirklich nichts gelernt haben, dann soll es uns auch inZukunft nicht anders, sprich ‚besser‘ gehen. Wenn wir aber möchten, dass unsereKinder und deren Kinder eines Tages bei uns eine Ausbildung absolvieren, einenerfüllten Beruf ausüben, müssen wir nicht versuchen China und die Welt zuverändern, zu verteufeln, zu diskreditieren, sondern müssen gleich uns selberund unsere Einstellung zur Wertschöpfung in der Region ändern. Wir habenswieder mal in unserer eigenen Macht.

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